Blind-Date für ein Jahr – Erfahrungsbericht einer Gastfamilie

von Judith Liehr

Es ist schon ein gewagter Schritt, ein neues Familienmitglied auf Zeit einzuladen – zumindest beim ersten Mal!

Eine Gastmutter hat uns einen kleinen Bericht dazu geschickt:

„Wir sind eine Familie mit vier, zum Teil kleinen, Kindern. Nach heutigen Maßstäben fällt das schon unter den Begriff „Großfamilie“, und uns sind die Blicke der Passanten sicher, wenn wir mit „geballter Kinderstärke“ auftauchen. Unsere Söhne, heute fast sieben und vier Jahre alt, und unsere Töchter, gerade anderthalb und sechs, ziehen die Blicke auf sich. Vom erschrockenen „Oh, Gott, vier Kleine!“ bis zum erfreuten „Sind die aber niedlich!“ ist alles dabei.

Weniger niedlich ist es, wenn ein Elternteil mit den vieren allein mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist. Wer schon versucht hat, drei lebhafte Kinder auf den Sitzplätzen der U-Bahn am Herunterfallen zu hindern und mit der anderen Hand das schreiende Kleinkind am Aus-dem-Buggy-Fallen zu hindern, weiß, wovon ich spreche. Und so gut durchorganisiert unser Familienalltag auch ist – sobald einer krank wird, ist Not am Mann.

Ich bin zwar in Elternzeit und arbeite Teilzeit von zu Hause aus, aber gleichzeitig ein Kind in den Kindergarten bringen, den Großen zu seinen Hausaufgaben anhalten und dem Kranken das fiebrige Händchen halten kann ich trotzdem nicht. Die Verwandtschaft wohnt weit entfernt, da kann niemand kurzfristig anreisen.

Wir haben uns für ein Au-Pair entschieden, weil es für uns am besten passt. Als im Haus lebendes Familienmitglied lernen die Kinder das Mädchen schnell gut kennen. Auch bei fest vereinbarten Arbeitszeiten besteht z.B. in Krankheitsfällen die Möglichkeit zur flexiblen „Dienstplanänderung“. Nach Absprache ist bei Bedarf ein vertrauter Babysitter im Haus. Für uns bietet ein Au-pair-Verhältnis nur Vorteile.

Ich war selber als Au-Pair im Ausland und kenne daher auch die „andere Seite“. Für ein gutes Verhältnis zum Au-Pair sind klare Absprachen sehr wichtig. Wenn beide Seiten wissen, was erwartet wird, ist das schon mal die halbe Miete.

Die Suche nach einer „großen Schwester für ein Jahr“ gestaltete sich dann schwieriger als erwartet. Zwar bekamen wir von unserer Agentur mehrere Kandidatinnen vorgestellt. Nicht jede Bewerberin, die uns sympathisch war, konnte es sich vorstellen, in einer Familie mit vier kleinen Kindern zu leben. Ein Mädchen fiel beim Sprachtest an der Botschaft durch – und das, obwohl ihre Deutschkenntnisse beim Skypen ganz passabel waren. Wir wunderten uns etwas, denn schließlich wollen die Mädchen nach Deutschland kommen um die Sprache zu lernen – und nicht, weil sie sie schon perfekt beherrschen. Letztendlich kam dann aber doch ein Vertrag zustande mit einer jungen Frau, die auch beim Botschaftstermin keine Probleme hatte. 

Dann ging das spannende Warten bis zur Einreise los. Man kennt sich von Fotos, Emails und auch per Skype (sogar die Mutter unseres Au-Pairs kannten wir so schon) – aber wie wird es im richtigen Leben sein? Au-Pair hat ein bisschen etwas von einem Blind-Date. Nur, dass man sich mit dem Kandidaten nicht zum Essen trifft, sondern er zieht gleich für ein Jahr ein.

Bei uns war das Blind-Date ein voller Erfolg. Unsere Kinder lieben das Au-Pair-Mädchen und sie beweist starke Nerven im täglichen Kinderchaos. Unser Alltag ist deutlich entspannter als vorher. Sie fährt mit uns in Urlaub und lernt so die verschiedensten Ecken ihres Gastlandes kennen. Im Gegenzug lernen wir etwas über ihr Heimatland, das vorher für uns ein weißer Fleck auf der Landkarte war.

Und wir sind sicher – Ende diesen Jahres wagen wir das Abenteuer Au-Pair erneut, denn die Betreuungssituation, die wir brauchen, wird durch Krabbelstuben, Tagesmütter, Ganztagsbetreuung in der Schule o.ä. einfach nicht geboten.“

Sind Sie auch an einer „großen Schwester (oder Bruder)“ auf Zeit interessiert? Wir beraten Sie gerne!

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